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Dienstag, 15. Juni 2010 14:13

Das Permatop und das Erdöl

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Offene Gesprächsrunde Permatop Lustenau 2010-06-14

Unser Nahrungssystem

Während zu Beginn des 20. Jahrhunderts unsere Nahrungssystem noch auf Selbstversorgung und lokalen bis regionalen Handel aufbaute, sind wir es heute gewöhnt in den Supermarkt zu gehen und dort zu jeder Jahreszeit Lebensmittel aus aller Welt kaufen zu können.

Erst der Einsatz von billigem Erdöl zum Transport der Lebensmittel macht dieses System möglich. Die Erdölnutzung geht heute jedoch weit über den Lebensmitteltransport hinaus und— ermöglicht auch die Erzeugung unserer Nahrung. Man denke zum Beispiel an Kunstdünger, Herbizide und Pestizide, die für den Anbau der pflanzlichen Produkte eingesetzt werden.

Hierzu ein Zitat aus einem Aufsatz von Krausmann und Fischer-Kovalski:

„Heute wird mehr Energie in die Agrarproduktion investiert, als letztlich in Form von Nahrung gewonnen wird. Mitverantwortlich dafür ist die große Menge hochwertiger Agrarprodukte, die man an Nutztiere verfüttert. Insgesamt hat sich damit die Landwirtschaft von der wichtigsten Quelle gesellschaftlich nutzbarer Energie zu einer Energiesenke gewandelt. Die Gesellschaft hat sich mit der industriellen Transformation für den wichtigsten Teil ihres Stoffwechsels, nämlich die Ernährung der Bevölkerung, von reichlich fließenden externen Energiequellen abhängig gemacht.“1

Weiters ist die konventionelle Landwirtschaft für mindestens 15% des weltweiten Kohlendioxids durch den Einsatz von Erdöl getriebenen Maschinen verantwortlich2.

Durch unsere landwirtschaftlichen Methoden verlieren wir fruchtbaren Humus, überdüngen die Felder und zerstören die Artenvielfalt durch Monokulturen. Unsere Nahrung enthält Biozidrückstände und synthetische Zusatzstoffe3. Unsere Gärten dienen immer häufiger nur Erholungszwecken und genügen rein ästhetischen Ansprüchen, obwohl sie vielfältige und produktive Ökosysteme sein könnten.4

Unser Verständnis für Zusammenhänge in der Natur ist dabei verloren zu gehen und damit auch unser Bezug zur Natur, die unserer Lebensgrundlage ist. Wir haben verlernt uns selbst zu ernähren.

Bill Mollison, einer der Begründer der Permakultur, stellte einmal erstaunt fest, wie schockierend subversiv es ist, Selbstversorgung zu unterrichten...5

Warum ein Wandel unvermeidbar ist

Wir erleben im Moment drei weltweite Problematiken, die sich in den letzten Jahren immer mehr verdichtet haben:

  • Peak Oil, die Tatsache, dass weltweit mehr Erdöl verbraucht wird, als neues gefunden wird,

  • den vom Menschen durch Ausstoß von Treibhausgasen verursachten Klimawandel und

  • die Wirtschaftskrise(n).

Alle drei Faktoren können als Anzeichen dafür verstanden werden, dass unser marktwirtschaftliches System, das nur mit der Annahme unaufhörlichen Wachstums funktionieren kann, an seine Grenzen stößt. Denn unsere Welt ist endlich, das Erdöl und auch andere Ressourcen werden aufgebraucht und jedes Wachstum ist letztlich begrenzt.

Die Auswirkungen unseres übermäßigen Einsatzes von Treibhausgas emittierenden Energieträgern, um unser beständig wachsen müssendes Wirtschaftssystem am Laufen zu halten, werden nun im Klimawandel sichtbar.

Es bietet sich daher spätestens jetzt an, da die drei beschriebenen Symptome unserer Lebensweise beginnen, erste Krisen auszulösen, unsere Art zu leben und damit unsere Art uns zu ernähren grundsätzlich in Frage zu stellen.6

Die Herausforderung annehmen

Während viel von Wirtschaftskrisen, Peak Oil und dem Klimawandel gesprochen wird, beschränken sich die meisten Diskussionen auf das Erzeugen von Ängsten, die dann meist mit einem Schulterzucken verdrängt werden. Denn was können wir schon tun?

Wir sind der Meinung, dass jeder von uns etwas tun kann. Und die Permakultur, als erprobte Methode, zeigt uns wie es geht, in dem sie uns lehrt, nachhaltige, ganzheitliche Systeme zu gestalten, mit denen wir beginnen können unsere Gemeinde selbst zu versorgen und so widerstandsfähiger gegen globale Krisen werden.

Dieses Bewusstsein und die notwendigen Fertigkeiten zu fördern ist das Anliegen der Permatop-Bewegung. Durch gemeinsames Gärtnern und die Neugestaltung und Umnutzung unserer Gärten, durch Kurse, Vorträge und Diskussionen wollen wir dieses Wissen vermitteln und gemeinsam den Weg in eine Zukunft mit weniger Erdöl, mehr Zusammenarbeit mit der Natur und einer lokaleren, widerstandsfähigeren, vielfältigeren Wirtschaft gehen.

Der gemeinschaftliche bewirtschaftete Urgarten am Pfarrweg Lustenau ist die Keimzelle dieser Idee...

1 Krausmann, Fridolin und Fischer-Kowalski, Marina: „Gesellschaftliche Naturverhältnisse: Energiequellen und die globale Transformation des gesellschaftlichen Stoffwechsels“; Social Ecology Working Paper 117, Alpen-Adria-Universität-Klagenfurt, Jänner 2010.

2 http://www.zeit.de/2009/20/U-Boden

3 Ingrid Kiefer, Institut für Sozialmedizin, ORF-science, November 2006

4 http://www.genres.de, weitere Infos auch unter www.arche-noah.at

5 Flores, H.C.: "Food not Lawns"; Chelsea Green, Vermont, USA, 2006

6 Pinkerton, Tamzin und Hopkins, Rob: "Lokal Food"; Green Books, Totenes, UK, 2009

Gelesen 18131 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 16. Juni 2010 09:00
Elisabeth Esterer-Vogel

... kommt aus den Bereichen Architektur und Landschaftsgestaltung und hat 2008 bei einem Aufenthalt in Berkeley (Kalifornien) ihr Interesse an der Permakultur entdeckt.

eMail Diese E-Mail-Adresse ist gegen Spambots geschützt! JavaScript muss aktiviert werden, damit sie angezeigt werden kann.

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Während zu Beginn des 20. Jahrhunderts unsere Nahrungssystem noch auf Selbstversorgung und lokalen bis regionalen Handel aufbaute, sind wir es heute gewöhnt in den Supermarkt zu gehen und dort zu jeder Jahreszeit Lebensmittel aus aller Welt kaufen zu können.

Erst der Einsatz von billigem Erdöl zum Transport der Lebensmittel macht dieses System möglich. Die Erdölnutzung geht heute jedoch weit über den Lebensmitteltransport hinaus und— ermöglicht auch die Erzeugung unserer Nahrung. Man denke zum Beispiel an Kunstdünger, Herbizide und Pestizide, die für den Anbau der pflanzlichen Produkte eingesetzt werden.

Hierzu ein Zitat aus einem Aufsatz von Krausmann und Fischer-Kovalski:

„Heute wird mehr Energie in die Agrarproduktion investiert, als letztlich in Form von Nahrung gewonnen wird. Mitverantwortlich dafür ist die große Menge hochwertiger Agrarprodukte, die man an Nutztiere verfüttert. Insgesamt hat sich damit die Landwirtschaft von der wichtigsten Quelle gesellschaftlich nutzbarer Energie zu einer Energiesenke gewandelt. Die Gesellschaft hat sich mit der industriellen Transformation für den wichtigsten Teil ihres Stoffwechsels, nämlich die Ernährung der Bevölkerung, von reichlich fließenden externen Energiequellen abhängig gemacht.“1

Weiters ist die konventionelle Landwirtschaft für mindestens 15% des weltweiten Kohlendioxids durch den Einsatz von Erdöl getriebenen Maschinen verantwortlich2.

Durch unsere landwirtschaftlichen Methoden verlieren wir fruchtbaren Humus, überdüngen die Felder und zerstören die Artenvielfalt durch Monokulturen. Unsere Nahrung enthält Biozidrückstände und synthetische Zusatzstoffe3. Unsere Gärten dienen immer häufiger nur Erholungszwecken und genügen rein ästhetischen Ansprüchen, obwohl sie vielfältige und produktive Ökosysteme sein könnten.4

Unser Verständnis für Zusammenhänge in der Natur ist dabei verloren zu gehen und damit auch unser Bezug zur Natur, die unserer Lebensgrundlage ist. Wir haben verlernt uns selbst zu ernähren.

Bill Mollison, einer der Begründer der Permakultur, stellte einmal erstaunt fest, wie schockierend subversiv es ist, Selbstversorgung zu unterrichten...5

Warum ein Wandel unvermeidbar ist

Wir erleben im Moment drei weltweite Problematiken, die sich in den letzten Jahren immer mehr verdichtet haben:

  • Peak Oil, die Tatsache, dass weltweit mehr Erdöl verbraucht wird, als neues gefunden wird,

  • den vom Menschen durch Ausstoß von Treibhausgasen verursachten Klimawandel und

  • die Wirtschaftskrise(n).

Alle drei Faktoren können als Anzeichen dafür verstanden werden, dass unser marktwirtschaftliches System, das nur mit der Annahme unaufhörlichen Wachstums funktionieren kann, an seine Grenzen stößt. Denn unsere Welt ist endlich, das Erdöl und auch andere Ressourcen werden aufgebraucht und jedes Wachstum ist letztlich begrenzt.

Die Auswirkungen unseres übermäßigen Einsatzes von Treibhausgas emittierenden Energieträgern, um unser beständig wachsen müssendes Wirtschaftssystem am Laufen zu halten, werden nun im Klimawandel sichtbar.

Es bietet sich daher spätestens jetzt an, da die drei beschriebenen Symptome unserer Lebensweise beginnen, erste Krisen auszulösen, unsere Art zu leben und damit unsere Art uns zu ernähren grundsätzlich in Frage zu stellen.6

Die Herausforderung annehmen

Während viel von Wirtschaftskrisen, Peak Oil und dem Klimawandel gesprochen wird, beschränken sich die meisten Diskussionen auf das Erzeugen von Ängsten, die dann meist mit einem Schulterzucken verdrängt werden. Denn was können wir schon tun?

Wir sind der Meinung, dass jeder von uns etwas tun kann. Und die Permakultur, als erprobte Methode, zeigt uns wie es geht, in dem sie uns lehrt, nachhaltige, ganzheitliche Systeme zu gestalten, mit denen wir beginnen können unsere Gemeinde selbst zu versorgen und so widerstandsfähiger gegen globale Krisen werden.

Dieses Bewusstsein und die notwendigen Fertigkeiten zu fördern ist das Anliegen der Permatop-Bewegung. Durch gemeinsames Gärtnern und die Neugestaltung und Umnutzung unserer Gärten, durch Kurse, Vorträge und Diskussionen wollen wir dieses Wissen vermitteln und gemeinsam den Weg in eine Zukunft mit weniger Erdöl, mehr Zusammenarbeit mit der Natur und einer lokaleren, widerstandsfähigeren, vielfältigeren Wirtschaft gehen.

Der gemeinschaftliche bewirtschaftete Urgarten am Pfarrweg Lustenau ist die Keimzelle dieser Idee...

1 Krausmann, Fridolin und Fischer-Kowalski, Marina: „Gesellschaftliche Naturverhältnisse: Energiequellen und die globale Transformation des gesellschaftlichen Stoffwechsels“; Social Ecology Working Paper 117, Alpen-Adria-Universität-Klagenfurt, Jänner 2010.

2 http://www.zeit.de/2009/20/U-Boden

3 Ingrid Kiefer, Institut für Sozialmedizin, ORF-science, November 2006

4 http://www.genres.de, weitere Infos auch unter www.arche-noah.at

5 Flores, H.C.: "Food not Lawns"; Chelsea Green, Vermont, USA, 2006

6 Pinkerton, Tamzin und Hopkins, Rob: "Lokal Food"; Green Books, Totenes, UK, 2009

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Elisabeth Esterer-Vogel

... kommt aus den Bereichen Architektur und Landschaftsgestaltung und hat 2008 bei einem Aufenthalt in Berkeley (Kalifornien) ihr Interesse an der Permakultur entdeckt.

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